Seigneur de l'Amour ist immer noch da, hättet ihr das für möglich gehalten?
Wir führen eine ernsthafte Beziehung, wir sind glücklich. Alle Steine sind aus dem Weg geräumt, alle Probleme gelöst. Dann kam der erste gemeinsame Urlaub und meine rosarote Brille ertrank im Züricher See.
In seiner Stadt spielen wir nach seinen Regeln. Dort sagt er mir, wo es lang geht, schon allein, weil ich neu in der Stadt bin und er hier aufgewachsen ist. In einer unbekannten Stadt zeigte sich dann, dass er auch gut abgeben kann. Zum ersten Mal hatte ich in einer Beziehung die Hosen an. Nichts, woran mir sonderlich gelegen wäre. Nichts, woran ich nicht auch Spaß haben könnte. Doch mit einem Nebengeschmack von diabolischer Schärfe. Je mehr Macht er mir gibt, desto weniger blicke ich zu ihm auf. Aber ich will zu ihm aufblicken, will ihn vergöttern. Er soll mein Held, mein Retter und Beschützer sein.
Doch stattdessen hat er mir Kraft geraubt, mit femininen Launen, die meine zyklische Entnervtet blass aussehen ließen. Zu heiß, zu laut, zu voll. Gestraft mit Schweigen und Weltuntergangsstimmung verlor ich mehr Respekt vor ihm, als mir lieb war.
Doch ich glaube an ihn. Er ist mit Abstand der Beste von allen. Er oder keiner.
So stellt sich mir die Frage: Wie ziehe ich meinem Mann die Hosen wieder an?
Es gibt tausend Ratschläge, wie man selbst die Macht in der Beziehung übernimmt, aber keine, wie man sie wieder los wird. Also genau das Gegenteil dieser Ratschläge machen?
Demnach sollte ich sein Ego in die Unendlichkeit pushen. Ihn in den Himmel loben, ihn vergöttern, bis er schon beinahe davon genervt ist. Ihn bei jeder Kleinigkeit um Hilfe bitten. Ich sollte mich klein machen, doch wie kann ich wachsen, wenn Kleinmachen die Lösung wäre? Könnten solche Spielchen überhaupt eine Lösung sein?
Die Antwort ist wie so oft Reden. Zuvor sich den eigenen Gefühlen klar werden und sie so offen und so ehrlich wie möglich ansprechen. Ihm von dem Potential erzählen, das man in ihm sieht, man ihn aber dennoch liebt, wie er ist. Denn jemanden zum Besseren verändern zu wollen, bedeutet einfach nicht, dass man ihn nicht so akzeptieren und lieben könnte, wie er ist. Jemanden zum Besseren verändern wollen, bedeutet, dass man ihn so sehr liebt, dass man nur das Beste für ihn will. Doch ihn verändern wollen, ist nur möglich, wenn er auch bereit dafür ist. Seigneur de l'Amour ist es.
Er ist alles, was ich je wollte. Natürlich ist er nicht perfekt, aber wer ist das schon? Jeder hat Fehler, wichtig ist nur, dass du mit diesen speziellen Fehlern leben kannst. Dann ist mein Mann eben manchmal eine Diva. Besser als eine persönlichkeitslose Puppe zu sein.